MZ |
Kanton Solothurn |
Freitag, 3. Mai 2002 |
Tierschützer blasen zum
Halali auf die Jagd
Volksinitiativen Zwei
kantonale Volksbegehren für die Feldhasen und gegen die Treibjagd
gestartet |
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Mit der Publikation im
«Amtsblatt» von heute Freitag werden die vor einem Monat
angekündigten kantonalen Volksbegehren gegen die Jagd offiziell
lanciert. Sie verlangen ein Verbot der Treibjagd sowie der Jagd auf
Feldhasen, Vögel und Dachse.
CHRISTIAN VON ARX
B
ereits Ende März hatten die
Ini-tianten ihr Vorhaben öffentlich angekündigt und damit - nach den
Aargauern und Bernern - auch die Solothurner Jäger aufgeschreckt. Heute
Freitag ist nun der konkrete Initiativtext im «Amtsblatt» publiziert.
Konkret handelt es sich um zwei Volksinitiativen, die beide eine
Änderung des kantonalen Jagdgesetzes verlangen. Die eine
verlangt, «dass Feldhasen, Vögel einschliesslich Wasservögel und Dachse zu den geschützten ,
Tieren gehören und von den jagdbaren Tierarten ausgenommen sind.» Die
zweite Initiative hat zum Ziel, «dass die Treibjagd der Wildtiere durch
Hun- |
de, Menschen oder andere Mittel
untersagt ist».
Beide Begehren haben die Form der
Anregung, das heisst, dass sie nach einer eventuellen Annahme durch
das Volk vom Kantonsrat in eine entsprechende Gesetzesänderung
ausformuliert werden müssten. Für das Zustandekommen einer
Initiative sind im Kanton Solothurn 3000 Unterschriften erforderlich, die
innert 18 Monaten zusammen kommen müssen, also bis zum 3. November
2003. Mit der Unterschriftensammlung wollen die Initianten morgen
Samstag beginnen.
«Frevel an der
Tierwelt»
In der Begründung der Initiative
«zum Schutze der Feldhasen, Vögel und Dachse» schreiben die Initianten,
seltene Wildtiere, die von Natur aus Feinde hätten, müssten aus
ökologischer Sicht nicht bejagt werden. Der Feldhase etwa stehe in
der Schweiz seit Jahren auf der roten Liste der bedrohten Wildtiere.
Der Bestand dieser Tiere sei in den letzten Jahren «kontinuierlich
und massiv rückläufig». Die Initianten führen dann die Abschusszahlen
der letzten fünf Jahre an (wobei aller- |
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NEUE ZAHLEN AUS DER
JAGDSTATISTIK
Nach Auskunft des Solothurner
Jagdverwalters Marcel Tschan präsentieren sich die neusten Zahlen für die
von der Initiative «zum Schutze der Feldhasen, Vögel und Dachse»
anvisierten Wildtiere im Kanton Solothurn wie folgt:
Feldhasen Im Jahr 2001 gejagt
27
Letzte 5 Jahre (1997-2001) 199
Fallwild (Verkehr) 2001
57
Letzte 5 Jahre (1997-2001) 316
Dachse Im Jahr 2001 gejagt 118
Letzte 5 Jahre (1997-2001) 652
Fallwild (Verkehr) 2001
109
Letzte 5 Jahre (1997-2001)
425
Vögel (im Jahr 2001 gejagt) Rabenkrähen 175 Kolkraben
3
Elstern
41
Eichelhäher
60
Stockenten
101
Kormorane
14
Verwilderte Haustauben
70 |
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In Deckung Der Feldhase dient als Aushängeschild der
Initiative. |
FOTO:2VG |
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dings das Jahr 2001 nicht
berücksichtigt ist). «Diese Wildtöterei ist unnötig, sinnlos und
tierverachtend, ja sogar ein Frevel an der Tierwelt», meinen die
Initianten.
Erst recht nichts anfangen können
die Initianten mit der Treibjagd: «Das tierverachtende Herumhetzen der
Wildtiere ist unnötig, unethisch und tierquälerisch und dient lediglich
dem sinnlosen Freizeitvergnügen der Jäger.» Allenfalls notwendige
Hegeabschüsse könnten problemlos ohne Treibjagden durchgeführt
werden.
Jagdverwalter nicht
begeistert
Auf der Abteilung Jagd und
Fischerei im Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn erklärte
Jagdverwalter Marcel Tschan auf Anfrage, der Hasenbestand sei sehr
tief, nehme aber zurzeit gesamtschweizerisch und auch im Kanton wieder zu.
Entscheidend dafür seien die Veränderungen in der Landwirtschaft mit
ökologischen Ausgleichsflächen und weniger intensiver
Bewirtschaftung. Die sehr geringen Abschusszahlen durch die Jagd -
kantonsweit 40 Hasen pro Jahr im Durchschnitt der letzten fünf
Jahre, 27 im Jahr 2001 - fielen dagegen kaum ins Ge- |
wicht. Mehr als doppelt soviele
Hasen starben im letzten Jahr durch den Stras-senverkehr als durch die
Jagd.
Der Dachsbestand sei früher wegen
der Tollwutbekämpfung mit Bauvergasungen stark zurückgegangen. Heute
aber sei der Dachs «sicher nicht gefährdet», nehme im Gegenteil
wieder stark zu und verursache häufig Schäden an Gebäuden, Maiskulturen
und sogar an Gärten. Abschüsse seien zur Begrenzung derartiger
Schäden notwendig. Beim Dachs sind die Abschüsse etwas zahlreicher als das
registrierte Fallwild.
Zur Vogeljagd erklärte Marcel
Tschan, dass keine der gejagten Vogelarten gefährdet sei. Krähenvögel
würden vor allem auf Verlangen der Bauern bejagt, weil sie Schäden an
den Saaten verursachten. In den 40er-Jahren seien jährlich 2500 bis 3000
Krähen geschossen worden, heute weniger als 200.
Die Entenjagd sei zurückgegangen,
weil sie von der Bevölkerung nicht mehr verstanden worden sei. Noch in den
70er- und 80er-Jahren seien gegen 500 Abschüsse pro Jahr verzeichnet
worden, seither sei diese Zahl kontinuierlich zurückgegangen. Die als
einzige noch bejagten Stockenten seien «überhaupt nicht gefährdet»,
andere an sich |
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Initianten mit
Aargauer «Götti>
Initiativkomitee Elf Leute aus der Region
Olten |
ebenfalls jagdbare Entenarten
würden nicht mehr bejagt.
«Treibjagd ist
wildschonender»
Sorge bereitet dem Jagdverwalter
vor allem der Inhalt der zweiten Initiative. Denn die
Treibjagd sei zur Regulierung des Reh- und Wildschweinbestandes notwendig.
Eine Treibjagd dauere etwa drei bis fünf Stunden und sei «sehr
viel effizienter, wildschonender und weniger störungsträchtig als permanente Einzeljagd», erklärte Tschan. Darüber hinaus
werde jedes einzelne Waldgebiete pro Jahr bloss ganz wenige Male (ein
bis drei Mal) im Herbst durchtrieben, den Rest vom Jahr haben die
Tiere dann hingegen Ruhe. In Jurawäldern sei die
Bestandesregulierung mit der Einzeljagd alleine gar nicht
möglich. |
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Das Initiativkomitee setzt sich
aus elf Personen zusammen, die alle aus der Region Olten stammen.
Präsident ist Marco Jakob (Olten), die weiteren Mitglieder sind Dieter
Zubler, Marianne Chouikha, Anna Stocker-Edel, Sonja Stocker (alle Olten),
Norbert Scherrerund Elisabeth Scherrer (beide Trimbach), Martin Iseli
(Kestenholz), Marlene Hagmann (Starrkirch), Irene Meyer (Wöschnau)
und Markus Zeltner (Neuendorf). Martin Iseli und Marianne Chouikha
haben sich früher politisch im ehemaligen Landes- |
ring der Unabhängigen (LdU)
betätigt, Iseli als dessen letzter Kantonalpräsident.
Geburtshelferdienste leistet den
Solothurner Jagd-Initiativen der von Peter Suter (Kölliken)
präsidierte Verein zum Schutze der bedrohten Wildtiere, Aarau.
Dieser hat bereits im Kanton Aargau eine Feldhasen-Initiative eingereicht,
die am 22. September zur Abstimmung kommt. Ein noch radikaleres
Begehren wurde im Kanton Bern lanciert: Dieses will dort die Jagd gänzlich
verbieten, (cva) |
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